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Digitalisierung Krankenhaus Interaktion Kompetenz

Wie kann Digitalisierung mitbestimmt gestaltet werden?

Diese Handlungshilfe zeigt Wege und Möglichkeiten auf, Digitalisierungsprojekte durch Mitgestaltung erfolgreicher umzusetzen

Es wäre schön, wenn die Mitarbeiter die neuen Tools auch richtig nutzen würden.

Mich soll die Technik in meiner Arbeit unterstützen und nicht noch mehr belasten.

Die Digitalisierung sollte im Idealfall durch bessere Abläufe höhere Sicherheit und Standards bei geringeren Kosten ermöglichen.

Entlastung der Mitarbeiter sollte an erster Stelle stehen

Elementar für ein erfolgreiches Digitalisierungsprojekt ist die Annahme, dass kein technisches System lediglich über das soziale System gelegt werden kann, sondern dass das technische System – die Digitalisierung – den Bedarfen und Zielen des sozialen Systems folgt.

Den Beschäftigten kommt hierbei eine zentrale Rolle zu. Ohne ihr Wissen um die realen Arbeitsabläufe – nicht von Sollprozessen – und ohne ihr Engagement in der Erprobung und Implementierung neuer technischer Verfahren ist eine bedarfsgerechte Digitalisierung nicht umsetzbar. Das bedeutet konkret, dass die Analyse der Organisations- und Beschäftigtenstruktur und eine Optimierung der Arbeitsprozesse vor der Implementierung erfolgen sollte.

"Digitalisierung" bedeutet im Kern die Veränderung sozio-technischer Systeme und geht weit über die Implementierung von Hardware und Software hinaus. Um Digitalisierungsprojekte erfolgreich umsetzen zu können, empfiehlt das Projektteam eine Reflexion der Strukturen und Prozesse, Beteiligungsformate und Kompetenzen.

Das Projekt DigiKIK untersuchte beteiligungsorientierte Verfahren zur Technikimplementierung. Aus diesem Grund wurde das wissenschaftlich fundierte Forschungsdesign um ein partizipativ ausgerichtetes Verfahren auch im Prozess der
Instrumentenentwicklung ergänzt.

An wen richtet sich die Handlungshilfe und welche Ziele sollen hierdurch erreicht werden?

Diese Handlungshilfe richtet sich sowohl an die Entscheidungsträger von Kliniken und Unternehmen als auch an die betrieblichen Interessenvertretungen und Beschäftigte. Denn auch von den Interessenvertretungen und Beschäftigten können die vorgestellten Instrumente und Erfahrungen genutzt werden, um erste Impulse in ihrer Klinik/ in ihrem Unternehmen zu geben und diese weiter auszuarbeiten.

Krankenhäuser sind im Digitalisierungsprozess. Der Einsatz digitaler Technik soll dazu beitragen, Fortschritte bei Effizienz, höherer Versorgungsqualität und der Entlastung des Personals zu erzielen. Dabei kommt bereits heute ein breites Spektrum digitaler Technik in den Kliniken zum Einsatz: Es reicht von Monitoringsystemen über vernetzte Krankenhaus- und Patienteninformationssysteme bis hin zur KI-basierten Diagnostik. Der nutzer- und nutzenorientierte Einsatz digitaler Technik ist jedoch kein Selbstläufer. Denn die digitale Transformation stellt Krankenhäuser vor neue und erweiterte Herausforderungen der Gestaltung von Arbeit, der Organisationsentwicklung und Qualifizierung. Die Projekterfahrungen von DigiKIK wurden in dieser Handlungshilfe aufbereitet, welche Krankenhäuser dabei unterstützen soll, den digitalen Wandel gemeinsam gestalten zu können.

Eine ausführlichere Beschreibung finden Sie auf der Unterseite Projektbeschreibung!

Vorwort

Gliederung dieser Handlungshilfe

1. Leitfaden Projektdurchführung

Ein ausklappbares, interaktives Inhaltsverzeichnis mit aufgefächerten Unterpunkten zur schnellen Navigation innerhalb dieses digitalen Dokuments finden Sie stets in der rechten oberen Ecke des Bildschirms.

2. Lessons learned

3. Transferperspektiven

Handlungshilfe

1. Leitfaden Projektdurchführung

Wenn Sie gerade mit einem Digitalisierungsprojekt beginnen wollen und sich etwas verloren fühlen, empfehlen wir Ihnen, zunächst mit einer Ist-Analyse zu beginnen. Die nachfolgenden Fragen dienen als Anregung. Die besten Ergebnisse können erzielt werden, wenn man diese Fragen im Rahmen einer Projekt- oder Arbeitsgruppe diskutiert, die am besten berufsgruppenübergreifend zusammengestellt wird.

Leitfragen zum Beginn eines eigenen “Digitalisierungsprojektes”

Wie ist die strategische Ausrichtung der Klinik?

  • Welchen Stellenwert hat Digitalisierung im Rahmen der Unternehmensstrategie?


Wie sind Handlungsspielräume im Zuge digitaler Veränderungsprozesse?

  • (zentral/dezentral)


Wie sind Digitalisierung und Personalentwicklung verknüpft?

Gibt es Konzepte im Hinblick auf digitale Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden?

Gibt es eine Digitalisierungsstrategie?

  • Verantwortliche Akteure, Multiplikatorenkonzepte, Wissensmanagementkonzepte


Welche Ziele werden verfolgt?

Gibt es Bezüge auf rechtliche Rahmenbedingungen/ Regulierungsanforderungen?

Welche Rolle spielt Partizipation im betrieblichen Veränderungsmanagement?

Wie werden Beschäftigte in die betriebliche Digitalisierungsstrategie eingebunden?

Wie sieht das betriebliche Ideenmanagement/ betriebliche Vorschlagswesen aus?

Wie lassen sich die Praktiken und die Reichweite der Beteiligung der betrieblichen Interessenvertretung klassifizieren?

Sie können die Diskussionsergebnisse ebenfalls in der Kompetenzlandkarte eintragen.
Manchmal schreiten Projekte nur langsam voran und so ist es hilfreich, wenn die Ausgangsbedingungen und Zielsetzungen schriftlich festgehalten und im Projektverlauf noch einmal angesehen werden können.

1. Leitfaden Projektdurchführung

Instrumente

DigiKIK hat Strukturen, Verfahren und Instrumente zur mitbestimmten Gestaltung der digitalen Transformation in Krankenhäusern entwickelt.

Im Folgenden stellen wir die im Projekt erprobten Instrumente vor, liefern Hinweise zur Umsetzung und bieten Anregungen für den Transfer.

Steuerungsgruppen

Ziele: Für die Koordination der Arbeiten in Experimentierräumen bietet es sich an, eine Steuerungsgruppe zu etablieren. Diese ist als dauerhaftes Gremium zu verstehen, das die Arbeiten diskutiert, plant, organisiert und evaluiert. Ziel der Steuerungsgruppe ist es, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der Partner festzulegen, den projektspezifischen Kommunikationsprozess (intern und in der Außenkommunikation) zu definieren sowie die zentralen Projektphasen und Meilensteine festzulegen.

Zusammensetzung: Dabei hat es sich als zielführend erwiesen, die Steuerungsgruppe so zusammenzustellen, dass möglichst alle Beschäftigtengruppen, Berufe und Arbeitsbereiche, die von den Entwicklungen des jeweiligen Experimentierraums betroffen sind, beteiligt werden. Die konkrete Zusammensetzung hängt somit vom Thema des Projektes ab. Handelt es sich beispielsweise um ein besonders komplexes Thema, wie die umfassende Digitalisierung großer Arbeitsbereiche, bietet sich eine andere Zusammensetzung als bei einer stark eingegrenzten Aufgabe, wie der Digitalisierung der Materialbestellung, an. Bei der Zusammensetzung sollte zudem darauf geachtet werden, dass nicht nur leitende Personen teilnehmen, sondern auch “die Basis” der Beschäftigten vertreten ist. Ihr konkreter arbeitsprozessbezogener Sachverstand ist erforderlich, wenn Digitalisierung nicht an der Arbeitsrealität vorbeigeplant werden soll.

Die Steuerungsgruppe organisiert das Projekt und kommuniziert über die Fortschritte

Wichtig ist bei der Zusammensetzung alle Interessen und Kompetenzen zu berücksichtigen.

In vielen Fällen werden Vertreter:innen der beteiligten Berufe und der IT-Abteilung der Steuerungsgruppe angehören. Zur Stärkung der Beteiligung der Beschäftigten sollte stets die betriebliche Interessenvertretung (Betriebsrat, Personalrat, MAV) beteiligt sein und bei komplexen Aufgaben ggfs. die Geschäftsführung. Die betriebliche Interessenvertretung kann durch ihre Teilnahme bereits während des Prozesses kontinuierlich prüfen, ob und wie ihre Belange von den geplanten Veränderungen betroffen sind.

Organisation: Eine Steuerungsgruppe sollte regelmäßig und verbindlich tagen, die Arbeit in der Steuerungsgruppe ist als Arbeitszeit anzuerkennen.  Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, dass sich ein oder zwei Mitglieder koordinierend bzw. leitend betätigen, d.h. Einladungen mit Tagesordnung versenden, die Treffen moderieren und protokollieren. Für Teilaufgaben oder Sonderthemen können bei Bedarf Arbeitsgruppen gebildet werden. In der Regel stellt eine Steuerungsgruppe kein Entscheidungsgremium dar. Es empfiehlt sich ein regelmäßiger Informationsaustausch im Sinne eines Jour Fixes mit der Geschäftsführung.

Kommunikation: Die Steuerungsgruppe sollte regelmäßig klinikintern gegenüber der Belegschaft über ihre Arbeit, anstehende Themen und Fortschritte berichten. Hierfür bieten sich verschiedene Formate an: Betriebsversammlungen, betriebsinterner, digitaler Kommunikationskanal (z.B. via APP), Newsletter, Klinikzeitschrift usw.

Steuerungsgruppen

Befragung

Im Projekt DigiKIK hat sich gezeigt, dass Technik insbesondere dann genutzt wird, wenn sie funktioniert und sich in den Berufsalltag sinnvoll integrieren lässt. Um eine Bestandsaufnahme von subjektiven Einstellungen und Kontextbedingungen von Digitalisierung zu leisten, kann das Instrument der Beschäftigtenbefragung genutzt werden.

Fragebogen:

Der hier hinterlegte Fragebogen ermöglicht die Analyse von Erfahrungen, subjektiven Erwartungen, Kompetenzen und Arbeitsbelastungen im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Technik.

Nutzen und Vorteile des Instruments

  • Ermöglicht die Darstellung des betrieblichen Stimmungsbildes zu digitaler Technik, Kompetenzanforderungen und Beteiligungsmöglichkeiten
     

  • Ermöglicht durch die Anonymität “ehrliche” Rückmeldungen und liefert so ein realistisches Meinungsbild
     

  • Stellt ein Beteiligungsinstrument dar, das alle Beschäftigten erreichen kann und so ein umfassendes und differenziertes Bild liefert
     

  • Identifiziert Themen für den weiteren Prozess, ermöglicht Priorisierung für das weitere Vorgehen
     

  • Deckt verborgene Probleme auf
     
  • Weckt breite Aufmerksamkeit für das Thema Digitalisierung und macht die Projektarbeit bekannt
     

  • Erhöht die Verbindlichkeit und Verpflichtung der Digitalisierungsbemühungen

Fragebogen

Organisation:
Um die Teilnahmewahrscheinlichkeit der Beschäftigten zu erhöhen, sollte über die internen Kommunikationskanäle auf die Befragung hingewiesen werden. Bitte informieren Sie auch die Stationsleitungen über Inhalt und Ablauf der Befragung. Erläutern Sie, warum es für den Projektverlauf wichtig ist, dass möglichst viele Beschäftigte an der Befragung teilnehmen. Die Stationsleitungen sollten dann gegenüber den Beschäftigten kommunizieren, dass die benötigte Zeit zur Beantwortung der Fragebögen als Arbeitszeit gilt.

Durchführung:
Wir empfehlen einen Befragungszeitraum von bis zu 6 Wochen. Im Projekt wurde die Befragung sowohl schriftlich, als auch digital angeboten. Dies garantiert eine Teilnahmemöglichkeit für alle Beschäftigten, auch solcher, die weniger mit digitaler Technik arbeiten. Die schriftlichen Fragebögen lagen an gut frequentierten Standpunkten im Krankenhaus aus und wurden zudem mit der Gehaltsabrechnung an alle Beschäftigten ausgehändigt.

Postit-Reminder-Befragung.jpg

Post-its können an Bildschirmen oder an Pinnwänden durch die Steuerungsgruppe angebracht werden.

Bodenplakat-Reminder-Befragung.jpg

Bodenplakate können auf dem Boden an Orten angebracht werden, die durch die Beschäftigten stark frequentiert werden.

Wie schaffe ich es, alle Beschäftigten an die Teilnahme zu erinnern?
Die Befragung wurde im Projekt durch entsprechende Werbematerialien unterstützt, wie z.B. durch für das Projekt bedruckte Haftnotizen, die an Monitoren oder Arbeitsplätzen der Beschäftigten aufgeklebt wurden. Zum Einsammeln von schriftlich ausgefüllten Fragebögen eignen sich Container, die abgeschlossen werden können. Diese Container können an strategischen Punkten, z.B. vor der Kantine/ Cafeteria, vor dem Büro des Betriebsrates oder im Eingangsbereich abgestellt werden. Ebenfalls wurden Bodenplakate bedruckt und in der Einrichtung angebracht. Die Bodenplakate sollten  an Orten angebracht werden, die durch die Beschäftigten stark frequentiert werden. Hierfür eignet sich z.B. der Weg zur Kantine oder der Eingangsbereich. Die Bodenplakate werden aus trittfestem Material gefertigt.

Auswertung:
Nach der Auswertung der Befragung können beispielsweise folgende Fragestellungen bearbeitet werden:

Befragung

Kompetenzlandkarte

Zu Beginn eines Veränderungsprozesses/ Digitalisierungsprozesses sollte man sich einen Überblick über die aktuelle betriebliche Situation und die avisierte Zielsetzung verschaffen. Zur transparenten Darstellung eignen sich visuelle Verfahren – wie die Kompetenzlandkarte – besonders gut, um ein Verständnis innerhalb der Belegschaft erzeugen zu können.


Die auf der Kompetenzlandkarte dargestellten Felder beschreiben im Sinne einer Momentaufnahme den Stand der Digitalisierung in den jeweiligen Kliniken und sind wegweisend für die weiteren Fragestellungen:
 

  • Wo wollen wir hin mit der Digitalisierung?

  • Welche Ideen haben wir dafür?

  • Welches Wissen und welche Kompetenzen brauchen wir für die Umsetzung der Ideen?

In die Kompetenzlandkarte werden die Ergebnisse der zu Projektbeginn durchgeführten Erhebung(en) eingetragen, wie beispielsweise die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung oder der arbeitsprozessbezogenen Kompetenzanalyse. So werden auf einem Blick die Ausgangslage, Potenziale und Visionen/ Ideen aufgezeigt.

Nutzen und Vorteile des Instruments

  • Schafft Transparenz und Übersicht zum Stand der Digitalisierung
     

  • Erhöht die Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit der Digitalisierungsbemühungen für die Beschäftigten
     

  • Macht Zusammenhänge deutlich
     

  • Zeigt übersichtlich die Verbindungen von Gegenwart und angestrebter Zukunft, Ideen und Visionen

Organisation: Wir empfehlen, die Kompetenzkarte, begleitet von einer Pressemitteilung/ Newsletter, im Intranet für alle Beschäftigten zugänglich zu machen. So wird das Vertrauen in das Verfahren/ Projekt durch Transparenz und offene Kommunikation gestärkt. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, dass die betriebliche Interessenvertretung ebenfalls über die Veröffentlichung der Kompetenzlandkarte informiert und eine Sprechstunde anbietet, um mit den interessierten Beschäftigten über das Verfahren zu diskutieren. Ebenfalls könnten die Ergebnisse der Kompetenzlandkarte in einer Personalversammlung/ Sitzungen in Arbeitsgruppen vorgestellt werden.


Ihre eigene Kompetenzlandkarte können Sie mit der folgenden Vorlage erstellen:

Die Kompetenzlandkarte dient als Grundlage für Gespräche unter den Arbetsgruppen.

Kompetenzlandkarte

Kompetenzlandkarte

Ideenbörse

Um eine digitale Veränderung erfolgreich zu gestalten, ist es notwendig, Beschäftigte mit ihrer berufsfachlichen Expertise in die Konzeptentwicklung von digitalen Veränderungsprozessen einzubeziehen.

Ein Instrument zur Erhebung und Erarbeitung von Ideen der Beschäftigten, um vorhandene Prozesse digital gestützt zu verbessern, ist die Ideenbörse. Die Beschäftigten agieren bei diesem Verfahren als Expert:innen der eigenen Arbeit. Denn sie sind in ihrem alltäglichen Arbeitsleben mit Schwierigkeiten und Herausforderungen konfrontiert, die dem Management, der Geschäftsführung oder aber der IT manchmal unbekannt sind. Die Ideenbörse ist eine Möglichkeit, mit deren Hilfe die Beschäftigten ihre eigene Arbeit verbessern und gestalten können.

Organisation oder Umsetzung:
Zu Beginn der Ideenbörse ist es wichtig zu klären, was sich (digital) verändern soll: Das Unternehmen/ die Einrichtung an sich oder eine spezifische Station/ Abteilung. Daraufhin sollten alle Beschäftigten, die in diesen Bereichen arbeiten, eine Möglichkeit bekommen, Ideen zur Verbesserung der bislang durchgeführten Prozesse vorzuschlagen. Ideenbörsen können auch durchgeführt werden, wenn ein Prozess (bspw. durch eine neue Software) bereits verändert wurde.

Nutzen und Vorteile des Instruments

  • Fördert die Gestaltungskompetenzen und Möglichkeiten von Beschäftigten
     

  • 
Kann die Arbeitszufriedenheit durch Gestaltungsoptionen erhöhen
     

  • 
Fördert die Qualität des Digitalisierungsprozesses durch Einbindung fachlicher und berufspraktischer Expertise
     

  • 
Stellt ein Instrument konkreter Beteiligung der Beschäftigten bei sie selbst betreffenden Veränderungen dar


Ideenformulare
In einem ersten Schritt werden die Ideen der Beschäftigten mit einem Ideenformular gesammelt und ein generelles Interesse an der Weiterbearbeitung der Themen abgefragt. Auf den Ideenformularen wird einleitend kurz die Situation des Unternehmens/ der Einrichtung bzw. der Station/ Abteilung sowie die gewünschte Verbesserung sowie der Vorgang/ die Durchführung der Ideenbörse kurz erläutert. Dann sollen Beschäftigte folgende Fragen, die auf dem Ideenformular aufgelistet sind, beantworten:

  1. Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit *THEMA* gemacht?
    Was war positiv, was negativ?
     

  2. Welche Wünsche, Bedarfe, Anregungen oder Fragen haben Sie zum *THEMA*
     

  3. Hätten Sie Interesse am Ideen-Workshop zum *THEMA* teilzunehmen?
    O Ja O Nein

Durch diese drei Fragen werden sowohl das allgemeine Stimmungsbild der Beschäftigten zum Veränderungsprozess, diesbezügliche Ideen und die Bereitschaft, sich aktiv in einem Workshop an neuen Umsetzungen zu beteiligen, abgefragt. Diese Ergebnisse werden verschiedenen Kategorien zugeordnet und im nächsten Schritt, dem Ideen-Workshop, noch einmal aufgegriffen.

Ideen Workshop
An dem Ideen-Workshop können alle Beschäftigten, die der zu veränderte Gegenstand betrifft, teilnehmen, auch wenn diese keine Ideenformulare eingereicht haben sollten. Mindestens eine Person sollte den Workshop moderieren, eine weitere den Workshop protokollieren.

Ideenbörse
Arbeitsprozessbezogene Kompetenzanalyse

Arbeitsprozessbezogene Kompetenzanalyse

Warum eine Kompetenzanalyse durchführen?
In der Regel werden Wechselwirkungen von Digitalisierung und realen Tätigkeiten mit und an Patient:innen im Arbeitsalltag nicht systematisch reflektiert und stattdessen die Anwenderkompetenz – vor allem bei der Neueinführung von technischen Lösungen – in den Vordergrund gestellt. Beteiligungsorientierte Digitalisierung sollte an konkrete Problemstellungen und Erfahrungen der Beschäftigten anknüpfen und nach verbindlichen Verfahren arbeitsprozessbezogen gestaltet werden. Dabei gilt: Aus einem schlechten Arbeitsprozess wird durch seine digitale Abbildung kein guter Arbeitsprozess!

Ziel: Optimierung vor Digitalisierung von Arbeitsprozessen Die arbeitsprozessbezogene Analyse stellt ein geeignetes Instrument dar, wenn es um die Digitalisierung konkreter Arbeitsprozesse geht. Sie kann als eine Möglichkeit der direkten Beteiligung von an einem Arbeitsprozess beteiligten Beschäftigten verstanden werden. Ziel ist es, sich gemeinsam mit den Beschäftigten die abgebildeten IST-Prozesse mit den Arbeitsprozessschritten, Ereignissen und Entscheidungen anzuschauen und vor der Digitalisierung zu optimieren. Dabei kann das Grundverfahren unterschiedlich gestaltet werden. In der Regel bietet es sich an, die Analyse als einen moderierten Workshop zu gestalten. Wie geht man vor?

Nutzen und Vorteile des Instruments

  • Ermöglicht eine gemeinsame Betrachtung von Kompetenzanforderungen und Prozessveränderungen
     

  • Zeigt Schnittstellenproblematiken auf
     

  • Bietet die Möglichkeit zur Verbesserung von Prozessen VOR der Digitalisierung
     

  • Bietet einen Reflexionsraum für die Beteiligten der Prozesse
     

  • Deckt “inoffizielle” Anteile von Prozessen auf, die bei der Digitalisierung ggfs. zu berücksichtigen sind
     

  • Ermöglicht die konkrete Beteiligung der Beschäftigten an der Digitalisierung

Gut, dass jetzt mal alle Schritte erfasst wurden und in die Optimierung eingehen.

Organisation: Zunächst ist es entscheidend, alle an einem Arbeitsprozess beteiligten Gruppen und Personen einzubeziehen, also z.B. Pflegende, Ärzt:innen, Therapeut:innen, MFA etc. sowie die IT-Abteilung, um dieser die Möglichkeit zu verschaffen, den zu digitalisierenden Prozess zu verstehen. Wichtig ist die klare Definition und Abgrenzung der Analyseeinheit, also des konkreten Arbeitsprozesses. Dieser sollte relativ eng gefasst werden, da eine genaue Analyse aus allen Perspektiven meist sehr viele Details und Teilprozesse offenlegt, und so die Prozessanalyse schnell unübersichtlich werden kann. Während der Analyse wird möglicherweise deutlich, dass weitere Personen/Stellen beteiligt sind oder sein sollten, die zunächst übersehen wurden. Diese sollten dann im laufenden Verfahren hinzugezogen werden.

Ergebnis und Nutzen: Anschließend wird der Arbeitsprozess in sämtlichen Prozessschritten erfasst und visualisiert (Beispiele siehe Werkstattbericht). Dabei geht es insbesondere darum, neben den offiziellen Arbeitsinhalten und Prozessschritten auch “inoffizielle” Arbeitsanteile aufzudecken, da diese für einen gelingenden Prozess nicht selten wichtig sind und im Zuge der Digitalisierung berücksichtigt werden sollten. Der so dargestellte Arbeitsprozess wird im nächsten Schritt unter Beteiligung aller Perspektiven diskutiert und konsentiert. Dabei geht es um die Vollständigkeit und die Qualität des Prozesses. Das Prinzip lautet: Erst optimieren, dann digitalisieren! Erst danach kann die digitale Abbildung des optimierten Prozesses begonnen werden.

Alle relevanten Personengruppen müssen vertreten sein.

Qualifizierung zum/zur Prozessgestalter:in

Häufig ist der Grund für eine Veränderung, d.h. der Start eines Digitalisierungsprojektes, unumstritten. Allen Beteiligten ist bewusst, dass eine neue Software auch mit einer Softwareschulung einhergeht. Wie im Projekt aber deutlich wurde, sind reine Anwenderschulungen nicht ausreichend, um die Beschäftigten zu qualifizieren. Die DigiKIK Qualifizierung zum/zur Prozessgestalter:in soll Projektverantwortliche darin stärken, Veränderungsprozesse erfolgreich zu managen.

Die Qualifizierung zum/zur DigiKIK-Prozessgestalter:in wurde im Rahmen eines Online-Formates durchgeführt. Ziel war es, neue Lösungen für eine systematische Qualifikations- und Kompetenzentwicklung zu erarbeiten. In den sechs Lernmodulen standen der übergreifende Austausch sowie das gemeinsame Lernen und Erproben im Vordergrund. Es wurde eine Plattform geboten,  um klinikübergreifenden Austausch und interdisziplinär für die weitere Umsetzung der Digitalisierungsvorhaben in den Kliniken unterstützende Kenntnisse und Wissen einzuholen und sich zu stärken. Die Vermittlung von Handwerkszeug, Instrumenten und Methoden wurde mit der Möglichkeit verknüpft, diese zu erproben.
Die hier angebotenen Materialien stellen einen Überblick über die Inhalte der durchgeführten Qualifizierung dar.

Für eine Prozessgestaltung müssen die Beteiligten qualifiziert werden!

Qualifizierungs-Onepager

Qualifizierung zum/zur Prozessgestalter:in muss individuell angepasst werden:
Da die Inhalte und das Vorgehen der Qualifizierung auf die spezifischen Bedarfe der teilnehmenden Kliniken abgestimmt wurden und ein Großteil der Qualifizierung von interaktiven Elementen geprägt war, eignen sich die veröffentlichten Materialien nicht für die eigenständige Durchführung einer Qualifizierungsreihe. Sie sollen aber Ideen und Anregungen für eigene Bemühungen dahingehend geben, die Beschäftigten zu notwendigen Themen im Zuge von Digitalisierungsprozessen zu sensibilisieren. Im Projekt wurde die Erfahrung gemacht, dass Digitalisierungsprozesse nicht automatisch mit der Analyse von Prozessen, Kompetenzen und Beteiligungsformaten einhergehen. Diese Lücke sollte die durchgeführte Qualifizierung schließen helfen. In der Qualifizierung DigiKIK-Prozessgestalter:in wurden folgende Themenblöcke bearbeitet:

 

  • die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitsprozesse

  • der veränderte Zusammenhang von beruflichem Handeln und Digitalisierung

  • neue Formate für die Beteiligung der Beschäftigten

  • Individuelle und kollektive Kompetenzanforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung

  • Möglichkeiten zur Ermittlung des Kompetenzbedarfs

  • neue Formate für das Lernen

Qualifizierung

Experimentierräume

Experimentierräume eröffnen in betrieblichen Veränderungsprozessen die Chance, neue Strukturen, Prozesse oder Angebote ergebnisoffen zu entwerfen, kontinuierlich anzupassen und beteiligungsorientiert zu verbessern.  Für Veränderungen wie der Digitalisierung von Arbeitsplätzen, Versorgungs- und Arbeitsprozessen, gibt es häufig noch keine geregelten Verfahrensstandards und Vereinbarungen. Gerade dort, wo neue Wege beschritten werden sollen, können alle Beteiligten aber oftmals kaum auf Vorerfahrungen und Routinen zurückgreifen.  

In dieser Situation können Prozesse ergebnisoffen ausprobiert werden - es muss ein Experiment gewagt werden, bei dem neue Verfahren ausprobiert, ergebnisoffen bewertet, angepasst und in neue Routinen übersetzt werden.

Durch die Einbeziehung der Mitarbeiter konnten negative Technikfolgen und kostspielige Anpassungen verhindert werden.

Nutzen und Ergebnisse von Experimentierräumen
Das Format “Experimentierraum” zeichnet sich dadurch aus, dass Veränderungsprozesse hierarchie- und berufsgruppenübergreifend, ergebnisoffen und praxisorientiert gestaltet werden. Der sozialpartnerschaftliche Fokus zielt darauf, innerhalb eines Experimentierraumes betriebliche Interessenvertretungen mit ihrem Wissen und ihrer mitarbeiterorientierten Gestaltungsperspektive konsequent an der Entwicklung und Erprobung betrieblicher Digitalisierungsprozesse zu beteiligen und Standards für mitbestimmte Digitalisierungsprozesse in Krankenhäusern zu entwickeln.

So wurden beispielsweise in den DigiKIK Experimentierräumen neue
Betriebsvereinbarungen auf den Weg gebracht. Wird die fachliche Perspektive der Beschäftigten in betrieblichen Digitalisierungsprozesse kontinuierlich einbezogen, können negative Technikfolgen verhindert, kostspielige Anpassungen in der Umsetzung und Erwartungsenttäuschungen vermieden werden. Denn Akzeptanz für digital gestützte Versorgungs- und Arbeitsprozesse entsteht dort, wo ein fachlicher Mehrwert (digitale Dividende) durch Techniknutzung unmittelbar erfahrbar wird.

Im Projekt DigiKIK wurden die Kriterien für das Priorisieren von Lösungsansätzen sowie für den Lern- und Entwicklungszyklus im Experimentierraum festgelegt und dieser wurde betrieblich eingerichtet. Die Erfahrungen und Ergebnisse des Projektes können Sie hier nachlesen.

Experimentierräume sind ein Verfahren zur Erprobung und Umsetzung von betrieblichen Innovationsprojekten.

Für Experimentierräume gilt:

  • Sie sind lösungsorientiert und visionär zugleich. Lösungen lassen sich am besten ergebnisoffen entwickeln!
     

  • Sie sind praxisorientiert und authentisch: Die realen Veränderungsprozesse mit den auch unterschiedlichen Perspektiven und Erwartungen der Beteiligten sind ihr Gegenstand.
     

  • Sie zielen auf Beteiligung: Die Expertise der Mitarbeitenden, Führungskräfte und betrieblichen Interessenvertretungen ist gefragt — Veränderung kann nicht »von oben« verordnet werden, sondern sollte von allen, die es angeht, mitgestaltet werden!
     

  • Sie setzen auf agile Methoden: Schrittweises Vorgehen ermöglicht gemeinsames Lernen — die Veränderung kann nicht in »einem Rutsch« und nach einem Masterplan vollzogen werden!
     

  • Sie adressieren Gestaltungskapazitäten: Betriebliche Veränderungsprozesse sind ressourcenintensiv. Gerade im Krankenhaussektor, wo das Personal zumeist sehr belastet ist, müssen Wissen, Kompetenzen und Ressourcen zur Bewältigung herausfordernder Veränderungsprozesse intelligent gebündelt werden.

Die Umsetzung eines Experimentierraums kann wie folgt aussehen:

  1. Orientieren: Festlegung der Zielsetzung und Erfassung des Status quo: Was wollen wir erreichen? Welche Erfahrungen haben wir bislang mit betrieblichen Veränderungsprozessen gemacht? Wie bewerten betriebliche Akteure die Veränderungskultur? Was soll diesmal anders gemacht werden und warum ist das für das jetzige Vorhaben wichtig?
     

  2. Priorisieren: Bisherige Ansätze und Ideen sortieren, priorisieren. Was ist kurzfristiger Handlungsbedarf? Was soll mittelfristig anders sein? Womit beginnen wir?
     

  3. Lern- und Entwicklungszyklus: Was soll erreicht werden? Was sind die dafür notwendigen Schritte? Was wird erprobt/umgesetzt? Welche Wirkungen/Ergebnisse hat die Erprobung/Umsetzung? Was wird fortgeführt? Was muss angepasst, was verworfen werden?
     

  4. Moderation oder externe Beratung: Moderation, Vermittlung von Input/Expert:innen, Recherche zu Gute-Praxis-Modellen, evtl. Organisation von Exkursionen.
     

  5. Kommunikation: Zuständige Personen des Experimentierraumes informieren Klinikvorstand/Geschäftsführung regelmäßig zur Absicherung der Lern- und Entwicklungszyklen.
     

  6. Projektsteuerung: fach- und funktionsübergreifende Besetzung unter Einbezug betrieblicher Interessenvertretungen, Planung der operativen Umsetzung, regelmäßige Information, evtl. Empfehlungen für die Experimentierräume, Fortführung und Verstetigung der Experimentierräume und (Weiter-)Entwicklung von Standards